Stilkunde: Stadtvilla

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Vornehm und geräumig wohnen auf kleinem Grundstück? In unserer Architekturreihe widmen wir uns diesmal einem sehr selbstbewussten Haustyp: der Stadtvilla.

Sie steht für den Traum vom vornehmen Leben im frei stehenden Einfamilienhaus in Citylage. Dabei ist die Stadtvilla nicht einmal klar definiert. Im Gegensatz zur Villa. Deren Bezeichnung stammt aus dem Lateinischen und benennt ursprünglich das Wohngebäude eines Gutes auf dem Lande.

Unter reichen städtischen Römern galt es als nobel, Trubel und Geschäften in eine repräsentative Villa – am liebsten am Meer oder in den Bergen – zu entfliehen. Ohne Landgut, aber inmitten gepflegter Gartenanlagen. Damit war das Landhaus nach städtischer Vorstellung geboren. Mit der beginnenden Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts, dem rasanten Wachsen der Städte und dem zunehmenden Wohlstand des Bürgertums kehrt es wieder in den städtischen Raum zurück.

Wer heute „Stadtvilla“ denkt, sieht vermutlich erst einmal den Urtyp aller Villen vor seinem geistigen Auge: Andrea Palladios „La Rotonda“. Der norditalienische Renaissance-Architekt des 16. Jahrhunderts hatte sich in seinem Drang nach strenger Klarheit und symmetrischer Harmonie allerdings auch Vorbilder gesucht und sie in der römischen Antike gefunden.

Die Tugend Kompaktheit

Ihre Nachfolger unserer Tage brechen den schlossähnlich anmutenden Bau herunter auf drei wesentliche Merkmale. Die Stadtvilla ist, anders als das kaum weniger vornehme Stadthaus, neudeutsch auch gern Townhouse, frei stehend und hält eine gewisse, meist nicht allzu üppige Distanz zum Nachbarn. Denn städtische oder Grundstücke in Randlagen sind nun mal weniger weitläufig als auf dem flachen Lande. Aus dem überschaubaren Bauplatz resultiert die kompakte, häufig quadratische Grundform der Stadtvilla.

Um das vergleichsweise großzügige Raumprogramm auf möglichst wenig Grundfläche unterzubringen, ist ein Obergeschoss ohne Dachschrägen unentbehrlich. Das Dach selbst ist meist als flaches Zeltdach gestaltet oder auch ganz flach. Vorteil dieser einfachen Gebäudegrundform: Sie lässt sich, abhängig vom Grundstück, leicht um einen Anbau erweitern.

Die Tugend Symmetrie

Die Stadtvilla zeigt sich gern selbstbewusst, aber nicht auftrumpfend. Ob sie eher nüchtern-modern oder klassisch-herrschaftlich daherkommt, ist dem Geschmack ihrer Bauherren geschuldet. In der klassischen Form sind zumindest Vorder- und Rückseite meist symmetrisch und mit schmalen, oft bodentiefen Fenstern ausgestattet. Bei den moderneren Entwürfen bestimmen der Belichtungsbedarf der Räume oder die Choreografie der Ausblicke das präzise komponierte Fassadenbild.

Auch innen sind Großzügigkeit und Raumerlebnisse die beherrschenden Themen. Sorgfältig geplante Blickachsen und auf Wirkung bedachte Anordnung und Dimensionierung der Räume – im klassischen Entwurf eher symmetrisch, im moderneren als ineinander übergehendes Raumkontinuum – gehören zum gängigen architektonischen Vokabular. Die Raumhöhe endet ebenfalls eher oberhalb der üblichen 2,50 Neubaumeter. Edle und aufwendige Details wie Flügeltüren oder hochwertige Einbauten vervollständigen das Interieur für den gehobenen Anspruch.

Die Tugend Anpassungsfähigkeit

Da sie problemlos mehr als 200 Quadratmeter beherbergt, muss sich die Stadtvilla nicht allein mit Repräsentation begnügen. Sie verkraftet spielend auch ganz praktische Anforderungen. Ein Büro lässt sich in ihr eher unterbringen als im klassischen Einfamilienhaus. Oder eine Einliegerwohnung, die sie in ein Mehrgenerationenhaus verwandelt: durch einen Anbau oder ein zweites Obergeschoss, eventuell als Staffelgeschoss ausgeführt.

Sind manche Häuser nur in bestimmten Landschaften zu Hause, passt die Stadtvilla fast überall gut hin. Wegen ihrer besonderen Form ist sie allerdings nicht an jedem Ort realisierbar und oder wird von starren Bebauungsplänen ausgebremst. Hier hilft vielleicht ein engagierter, gewitzter Architekt mit diplomatischem Geschick, die Essentials einer Stadtvilla mit den konventionellen Planungsvorgaben in Einklang zu bringen.

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