Rücktritt mit Mehrwert
Manchmal ist weniger tatsächlich mehr. Zum Beispiel wenn Sie mit einem kleineren Obergeschoss, einem sogenannten Staffelgeschoss, mehr Wohnraum und Lebensqualität gewinnen können. Lassen Sie sich inspirieren von unseren Wohnbeispielen und informieren Sie sich umfassend: von der der Staffelgeschoss-Definition, über die Vorteile bis hin zum Baurecht.
Was ist ein Staffelgeschoss?
Zunächst eine kurze Staffelgeschoss-Definition: Von einem Staffelgeschoss spricht man, wenn die Grundfläche des obersten Geschosses eines Hauses kleiner ist als die des Geschosses darunter. Die Außenwände des Staffelgeschosses springen an mindestens einer Seite hinter der unteren Fassade zurück. Ist das Geschoss an allen vier Seiten eingerückt, wirkt es, als ob das Haus eine Haube hätte. In der Landesbauordnung NRW (BauO NRW) lautet die Staffelgeschoss-Definition zum Beispiel wie folgt: “Ein gegenüber den Außenwänden des Gebäudes zurückgesetztes oberstes Geschoss”.
Staffelgeschosse bieten sowohl innen als auch außen viel Gestaltungsspielraum. Darüber hinaus werden sie häufig aus statischen Gründen verwendet, etwa um es nachträglich als zusätzliches Geschoss aufzusetzen oder um eine optische Aufweitung des Straßenraums nach oben zu bewirken. Mit einem Staffelgeschoss können Sie zudem eine zusätzliche Wohnebene schaffen, die mit einem normalen Bau aufgrund des örtlichen Bebauungsplans nicht möglich wäre.
Durch die Rücksprünge entstehen mehr oder weniger große Flachdachflächen auf dem darunterliegenden Stockwerk, die als Terrassen dienen können. Auch das Staffelgeschoss selbst wird meistens mit einem Flachdach gebaut oder bekommt ein schwach geneigtes Dach. Dadurch entsteht Wohnraum ganz ohne oder nur mit wenig Schrägen. Dieser kann Teil der darunterliegenden Wohneinheit(en) sein oder als eigenständige Penthouse-Wohnung gestaltet sein.
Die Vorteile eines Staffelgeschosses
Architektur: Durch die zurückspringende Fassade wirken Gebäude mit Staffelgeschossen leichter und offener. Staffelgeschosse sind daher vor allem in der modernen Architektur beliebt.
Bautechnik: Eine geringe Grundfläche bedeutet auch weniger Baumaterial und dadurch eine geringere Auflast.
Freiflächen: Wie bereits eingangs in der Staffelgeschoss-Definition erwähnt, können die nicht überbauten Dachflächen des darunterliegenden Geschosses als Dachterrassen genutzt werden.
Flexibilität: Mit dem Staffelgeschoss entsteht zusätzlicher Wohnraum ohne Schrägen, der sich vielfältig nutzen lässt, zum Beispiel als Atelier, für Gäste oder Homeoffice.
Wertsteigerung: Das Dachgeschoss als „Penthouse“ macht eine Immobilie noch attraktiver und lässt sich als separate Wohneinheit auch vermieten.
Baurecht: In manchen Fällen bietet das Staffelgeschoss Lösungen, um Hausideen zu verwirklichen, die so im Bebauungsplan eigentlich nicht vorgesehen sind.
Wann zählt ein Staffelgeschoss als Vollgeschoss?
Eine wichtige Frage beim Bauen ist, was eigentlich als Geschoss gilt. Die Bauordnungen der Bundesländer unterscheiden zwischen Vollgeschoss und Nicht-Vollgeschoss. Die Definitionen unterscheiden sich im Detail, folgen aber im Wesentlichen den gleichen Kriterien. Ein Vollgeschoss muss demnach:
a) mit seiner Oberkante mindestens 1,20 bis 1,60 Meter über die Geländeoberfläche hinausragen (ein reiner Keller zählt also nicht dazu).
b) auf einer Fläche von zwei Dritteln oder mehr des darunterliegenden Geschosses eine lichte Höhe von mindestens 2,30 bis 2,60 Meter aufweisen.
Punkt b) ist also entscheidend dafür, ob ein Staffelgeschoss als Vollgeschoss zählt oder nicht.
Praktisch bedeutet dies: Wenn der Bebauungsplan für das Baugebiet nur eine eingeschossige Bauweise erlaubt, kann man dies unter Umständen mit einem Staffelgeschoss umgehen, falls dieses weniger als zwei Drittel der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses einnimmt. In NRW etwa darf ein Staffelgeschoss sogar drei Viertel der Fläche der Etage darunter haben.
Gebäude mit Staffelgeschossen haben meist Flachdächer. Manchmal ist es auch möglich, mit einem Staffelgeschoss ein Flachdach genehmigt zu bekommen, obwohl der Bebauungsplan nur Satteldächer vorsieht. Das geht, indem das eingerückte Geschoss innerhalb der möglichen Umhüllung eines Satteldaches bleibt.
Ein Staffelgeschoss kann auch eine Lösung sein, um vorgeschriebene Abstände zu bestehenden Gebäuden der Nachbarn im Dachbereich einzuhalten.
Ein Staffelgeschoss muss nach Definition auch gar nicht komplett zurückspringen. Es bleibt auch dann ein Staffelgeschoss, wenn es nur an den Seiten zurückspringt, an denen keine geschlossene Bauweise vorgeschrieben ist.
Abstandsflächen Staffelgeschoss
Die Abstandsflächen für ein Staffelgeschoss bzw. einen zurückgesetzten Teil der Außenwand eines obersten Geschosses gelten auch dann, wenn die darunter liegenden Geschosse wie zulässig an den Grundstücksgrenzen errichtet werden. Die Tiefe der Abstandsfläche bemisst sich nach der Wandhöhe.
Im Folgenden stellen wir Häuser vor, die auf verschiedene Weise mit einem Staffelgeschoss gewonnen haben. Lassen Sie sich inspirieren!
Beispiel 1: Viel Raum auf wenig Baugrund – ein Staffelgeschoss macht’s möglich
Statt aufwendiger Generalrenovierung entschloss sich der Bauherr, das von den Eltern geerbte Haus in Stuttgart abreißen zu lassen und auf dem Grundstück neu zu bauen. Anstelle des Altbaus aus dem Jahr 1932 entstand ein modernes, dreigeschossiges Doppelhaus, im Stil von der Bauhaus-Architektur beeinflusst.
In die nicht vom Eigentümer selbst bewohnte Hälfte zog eine Familie mit mittlerweile drei Kindern ein, die gerade aus dem Ausland zurückgekehrt war. Auf den drei Ebenen bietet jede Haushälfte fast 170 Quadratmeter Wohnfläche. Den Abschluss des Hauses bildet ein Staffelgeschoss mit flach geneigtem Walmdach. Es besteht aus einem offenen Raum ohne Abschluss zum Treppenhaus und einem eigenen Duschbad. Ein Highlight ist indes die umlaufende Dachterrasse. Durch das zurückgesetzte Geschoss war es möglich, mit drei Stockwerken zu bauen und dabei im Dachbereich zu den Nachbarn den erforderlichen Abstand einhalten zu können.
Beispiel 2: Luxus auf allen Ebenen
Holz und Putz, Rücksprünge, Erker, Balkone, Dachterrassen: Der Anblick dieser Fassade beeindruckt mindestens ebenso wie der Ausblick vom Haus auf die Kieler Förde. Mit rund 400 Quadratmetern Wohnfläche auf drei Geschossen ist Mehrblick ein luxuriöses Ferienhaus, das später einmal als Alterssitz dienen soll. Mit einem Lift vom Keller bis ins Dachgeschoss ist dafür schon vorgesorgt. Von der umlaufenden Dachterrasse umgeben, stellt das Staffelgeschoss die Krönung des Hauses dar. Neben dem Homeoffice ist hier der hauseigene Gym- und Wellnessbereich inklusive Sauna untergebracht.
Beispiel 3: Für die Zukunft gerüstet
Mit Staffelgeschoss als Abschluss ihrer eleganten Stadtvilla erfüllten sich die Bauherren des Kundenhauses Sentosa gleich zwei Wünsche: Ein Obergeschoss mit Wohnräumen ohne Dachschrägen und einer großzügigen Dachterrasse. Die im Bebauungsplan vorgeschriebene Bauweise „eingeschossig plus Dachgeschoss“ konnte mit dem auf allen vier Hausseiten eingerückten Geschoss mit Flachdach erfüllt werden. Die umlaufende Freifläche ist mit einer filigran wirkenden Brüstung aus Glas gesichert, was dem Haus optische Leichtigkeit verleiht.
Während im Erdgeschoss Wohn-, Ess- und Kochbereich sowie ein Gästezimmer untergebracht sind, befinden sich im Obergeschoss das Schlafzimmer mit Ankleide, Bad, sowie ein Arbeitszimmer mit Zugang zum Freisitz auf der Terrasse. Alternativ könnte das Geschoss auch als Gästetrakt oder im Alter für die Unterbringung von Pflegepersonal genutzt werden. Vorausschauend haben die Bauherren neben der Treppe schon einen Lift eingebaut.
Beispiel 4: Ein Haus für drei Parteien
Im schwäbischen Lorch steht dieses Mehrgenerationenhaus mit interessanter Aufteilung. Im Erdgeschoss liegt die barrierefreie Wohnung der Eltern, darüber je eine Maisonette-Wohnung für die beiden erwachsenen Kinder. Diese beiden Wohneinheiten nehmen das Obergeschoss und das zur Gartenseite eingerückte Pultdachgeschoss ein. Mit der Staffelgeschoss-Lösung konnten die Abstandsvorgaben zum umgebenden Altbaubestand eingehalten werden.
Beispiel 5: Per Staffelgeschoss zum Flachdach
Bei großen Terrassen werden die als Wohnung genutzten Staffelgeschosse mit umlaufender Terrasse auch als Penthouse bezeichnet. In diesem Haus entstand im oberen Geschoss indes ein schickes, vor Einblicken geschütztes Dachstudio als Ruhebereich. Eigentlich waren im Baugebiet nur Satteldächer erlaubt. Mit geschickter Planung gab es aber dann doch die Genehmigung der Baubehörde für das zur kubischen Architektur passende Flachdach: Das Sattelgeschoss musste innerhalb der Hüllkurve eines möglichen Satteldachs bleiben. Statt übers Treppenhaus ist der Raum über den Aufzug und eine Wendeltreppe aus den Wohnräumen erschlossen.