Englischer Rasen oder Blumenwiese?
Für viele Gartenbesitzer ist das eine durchaus entscheidende Frage. Egal, wofür man sich entscheidet: Es gibt einiges zu beachten, damit die Pracht auch wirklich kräftig gedeiht. Oliver Ochsenfarth, Gartengestalter aus dem Sauerland, gibt Auskunft über den Themenkomplex Rasen.
Golfrasen, englischer Rasen, Blumenwiese? Die Idealvorstellungen davon, wie ein Rasen im Garten sein sollte, sind vielfältig. Gleichwohl beobachtet Oliver Ochsenfarth, Gartengestalter aus dem sauerländischen Schalksmühle, der sich als Mitglied der Gärtner von Eden auf Planung, Anlage und Pflege individueller privater Gärten spezialisiert hat, dass die Ansprüche an den Rasen im eigenen Garten in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind.
Sattgrüner Rasen als Ideal
Eine sattgrüne, gepflegte Fläche ist das Ideal von immer mehr Gartenbesitzern. Stichwort: Englischer Rasen. Aber der braucht einiges an Zuwendung wie einen wöchentlichen Schnitt sowie regelmäßiges Wässern und Düngen. Dann könnte es mit dem großflächigen, gepflegt aussehenden Grün nach englischem Vorbild klappen.
Im Gegensatz zu einem Golfrasen, der auf sandigem Untergrund angelegt wird, gedeiht Rasen à la England auf Mutterboden, und schon allein das macht ihn zur gartentauglicheren Version des grünen Teppichs. Oliver Ochsenfarth stellt dann auch klar: „Ein Golfrasen ist nichts für den Privatgarten. Einen Golfrasen anzulegen und zu pflegen, ist etwas für absolute Spezialisten. Das erfordert extrem viel Dünger, Chemie, Wasser und einen täglichen Schnitt. Für mich hat das nicht mehr viel mit einer Vegetationsfläche zu tun, sondern ist etwas eher Künstliches.“
Wiese statt Rasen
Doch es gibt auch die Gartenbesitzer, die es gern deutlich natürlicher haben möchten, die wenig Wert auf die exakt gestutzte Akkuratheit eines Rasens legen oder sich sogar erklärtermaßen mehr Wildheit auf der Wiese wünschen. Die Blumenwiese hat – sehr zur Freude vieler Insekten – in den letzten Jahren wieder vermehrt Einzug in die Gärten gehalten. Doch macht der Gartengestalter deutlich: „Eine Blumenwiese entsteht nicht einfach dadurch, dass man die Mähintervalle vergrößert oder das Mähen gar ganz lässt.“ Vielmehr müssen Gartenbesitzer eine wirkliche Blumenwiese auch als solche anlegen.
Das beginnt schon mit der Bodenvorbereitung. Blumenwiesen gedeihen am besten auf sandigem Boden. Es ist also notwendig, den vorhandenen Mutterboden durch das Untermischen von reichlich Sand abzumagern. Am besten entwickeln sich solche Wiesen auf mageren Kalkböden, die sich jedoch im Garten kaum finden. Deshalb empfiehlt der Gartenexperte: „Man sollte unbedingt auf die tatsächlichen Bodenverhältnisse abgestimmtes Saatgut verwenden, sonst hat man nicht lange Freude an seiner Blumenwiese, weil ganz schnell die Blühpflanzen von den Gräsern verdrängt werden.“
Außerdem macht Oliver Ochsenfarth deutlich: „Man sollte sich vorher gut überlegen, welches Bild man wirklich erzielen kann. Das Idealbild einer Blumenwiese ergibt sich in der Natur nur über einen recht kurzen Zeitraum Ende Mai, Anfang Juni und das auch nur auf optimalen Böden.“
Mit Stauden die Blumenwiese aufhübschen
Statt einem Ideal nachzueifern, das im Garten kaum realisierbar ist, empfiehlt der Experte, bei der Anlage ein wenig zu tricksen: „Schöne Effekte kann man auch erzielen, indem man die eine oder andere Staude wie zum Beispiel Storchschnabel oder Margarite in die Wiese pflanzt.“ Da zur Ästhetik einer Blumenwiese ja ohnehin gehört, dass das Gras lang bleibt, können die Stauden ungestört wachsen. Mehr als zweimal im Jahr sollten Hobbygärtner hier nicht schneiden.
Außerdem ist eine Blumenwiese im Garten eher etwas zum Anschauen als zum Nutzen: Sie sollte nur selten begangen werden. Dafür macht sie – anders als der klassische Rasen – wenig Arbeit, denn Gartenbesitzer sollten sie weder düngen noch gießen, sondern sie sollte sich ganz unter natürlichen Bedingungen entwickeln.
Gestalten durch Mähen
Eine ästhetisch reizvolle Gestaltungsmöglichkeit ist, die Wildheit einer Wiese und das Ruhige eines Rasens auf ein und derselben Fläche zusammenzubringen. Wer gewisse Partien beim wöchentlichen Mähen ausspart, kann spannende Akzente setzen. Dabei ist es ebenso möglich, nur einzelne Grasinseln dauerhaft wachsen zu lassen, wie ins hohe Gras einen Weg zu mähen. Erlaubt ist, was gefällt und in den Garten passt. „Damit kann man hervorragend spielen. Dann hat man einen Rasen mit Kräutern und Moos, wenn auch keine Blumenwiese im landläufigen Sinne“, erklärt Oliver Ochsenfarth.
Pflege gefragt
Viele Gartenbesitzer verbuchen Rasenflächen weiterhin unter der Rubrik pflegeleicht, dabei gehören sie zu den pflegeintensivsten Gestaltungselementen, die es gibt. Schließlich braucht eine gut gepflegte Rasenfläche in der Wachstumsphase, also grob zwischen April und Anfang November, einmal in der Woche einen Schnitt. Hat man dafür keinen Mähroboter, summiert sich die Zeit, die man jede Saison in die Rasenfläche steckt, ganz ordentlich.
Der Experte empfiehlt, den Rasen nicht kürzer als sechs Zentimeter zu schneiden, um die Halme und den Boden vor allzu schnellem Austrocknen zu schützen. Bei zu hohen Temperaturen lieber auf das Mähen verzichten – Verbrennungsgefahr! Kürzere Trockenphasen übersteht ein Rasen ohne Wässern. Ist nicht ständig Wasser von oben verfügbar, regt das die Graspflanzen dazu an, tiefere Wurzeln auszubilden. Sie können sich dann aus tieferen Erdschichten mit Wasser versorgen und länger Trockenheit trotzen.
Den Rasen viermal pro Jahr düngen
Viermal im Jahr braucht ein Rasen Dünger: „Wir geben organischem Dünger den Vorzug vor mineralischem“, erklärt Oliver Ochsenfarth. „Der setzt seine Nährstoffe allmählich frei, es dauert also ein bisschen, bis sie den Graspflanzen zur Verfügung stehen, dafür wirkt er nachhaltiger. Mineralischer Dünger wirkt quasi sofort, muss aber sehr gleichmäßig ausgebracht werden, weil man andernfalls am Wachstumsbild des Rasens sehr schnell sehen kann, wo viel und wo wenig gedüngt wurde.“ Für die letzte Düngung im Herbst empfiehlt Ochsenfarth ein kaliumbetontes Produkt. Das Kalium stärkt die Zellwände der Grashalme gegen den Frost und sorgt dafür, dass der Rasen auch im Winter relativ grün bleibt.
Vom Vertikutieren als klassischen Einstieg in die Rasenpflegesaison rät der Gartenexperte eher ab. Seiner Erfahrung nach schadet es dem Rasen mehr, als das es ihm nützt. Wer Unkraut im Rasen vermeiden oder Wildkräuter wie Löwenzahn, Klee oder Habichtskraut entfernen möchte, hat ohnehin nur die Möglichkeit, dies mit Herbiziden (nicht gut) oder per Hand (aufwendig) zu tun. Ist der Rasen hingegen vermoost, empfiehlt er, zu düngen: „Moosbildung ist meist ein Zeichen von Nährstoffmangel“, so seine Beobachtung.
Einen Rasen im Garten neu anlegen
Wer eine Rasenfläche neu pflanzen möchte, hat grundsätzlich zwei Optionen: aussäen oder mit Rollrasen arbeiten. Was den Komfort und die Schnelligkeit angeht, ist der Rollrasen eindeutig im Vorteil. Nach dem Ausrollen braucht er ungefähr vier Wochen, bis er genutzt werden kann. Außerdem sieht er vom Start weg fertig aus. Anders beim neuen Säen von Rasen: Hier schieben sich zunächst einzelne filigrane Hälmchen aus dem Boden. Bis aus einem jungen Rasen eine dichte und robuste Fläche entsteht, vergehen Monate. Außerdem muss hochwertiges Saatgut dicht und gleichmäßig ausgebracht werden, um später keine unschönen Lücken und kahlen Stellen in der Wiese zu haben. Einziger Vorteil der Aussaat: Sie ist deutlich günstiger als Rollrasen.
In beiden Fällen bedarf es aber einer gründlichen Bodenvorbereitung, damit der Rasen optimale Startbedingungen hat. Der Boden muss offen sein. Der frische Rasen braucht ausreichend Nährstoffe und vor allem Wasser. Auch eine Drainageschicht unter dem Rasen kann, je nach Bodenbeschaffenheit, Topografie und Niederschlagsmengen sinnvoll sein.
Fazit
Ein schöner Rasen – oder auch eine wogende Wiese – ist eine Bereicherung für den Garten, entsteht aber nicht von selbst. Doch der Einsatz lohnt, denn im Sommer einen dichten, sattgrünen Teppich unter den nackten Füßen zu spüren, fühlt sich einfach wunderbar an.