Holzbau Becker, ein gut eingeführter Name, gibt es seit 1926. Warum jetzt der neue Auftritt als „Becker360“?
Markus Becker: Mit Becker360 zeigen wir unsere Denk- und Herangehensweise auch in unserem Erscheinungsbild. Wir gehen auf unsere Bauherren ein, übernehmen ihren Blick auf die Dinge, betrachten ihr Vorhaben von allen Seiten – integrierte Planung ist dafür ein gutes Wort. Oder eben 360-Grad-Planung.
Das beginnt mit dem Architekturservice für Bauherren, den meine Frau Andrea verantwortet. Von ihr stammen die meisten unserer Einfamilienhaus-Entwürfe. Und uns liegt daran, die besondere Qualität unserer Holzhäuser deutlich zu machen. Wir sind ein Familienunternehmen mit 85-jähriger Tradition und sehr viel Erfahrung, aber wir sind auch moderner und innovativer als viele Mitbewerber. Daher unser Claim: „Erfahrung, die Werte schafft – seit 1926.“
Ist Ihre Fenster- und Fassadenproduktion ein eigenständiger Bereich?
Markus Becker: Ja. Ursprünglich war die Fensterproduktion sogar größer. Dann haben die Häuser stetig zugelegt, was uns sehr freut. In diesem Jahr machen sie zum ersten Mal mehr Umsatz als die Fenster. Grundsätzlich planen wir aber mit 50:50, je nach Marktentwicklung. Und auf unser Know-how im Fenster- und Fassadenbau können natürlich auch unsere Hauskunden zurückgreifen. So bieten wir innovative und moderne Fensterlösungen an, die unsere Wettbewerber nicht im Programm haben. Zum Beispiel großflächige Verglasungen mit integrierten Schiebetüren.
Hatten Sie nicht das schottische Parlamentsgebäude mit Becker-Holzfenstern ausgestattet?
Markus Becker: Mit diesem Prestigeauftrag sind wir 2001 in Großbritannien gestartet. „Made in Germany“, in unserem Fall deutsche Qualitätsarbeit aus Medebach, ging da richtig ab: Einige Jahre haben wir in England mit Fenstern und Fassaden die Hälfte unseres Umsatzes gemacht. Dann platzte dort die Finanzblase – und der Bausektor schrumpfte auf 30 Prozent. Da haben sich viele Mitbewerber von diesem Markt verabschiedet. Wir nicht. Aktuell zieht England wieder an.
Ist „Made in Germany“ noch immer das Maß der Qualitätsarbeit am Bau?
Markus Becker: Ja und nein. Die Engländer sind dabei, an unserer deutschen Energieeinsparverordnung vorbeizuziehen. Ihre Neubaustandards im „Code for Sustainable Homes“ liegen schon über denen unserer Energieeinsparverordnung. Inklusive Plusenergiehaus-Standard. Der Code beinhaltet sogar die Beurteilung von Baumaterialien: Es bringt Pluspunkte, wenn Sie mit Holz bauen, und Minuspunkte für Stahl und Beton.
Woher kommen Ihre „Zukunftsfühler“? Sie haben schon ein Plusenergiehaus gebaut, als dieses Wort selbst unter Experten kaum bekannt war.
Marcus Hellwig: Wenn sich ein mittelständisches Unternehmen wie Becker360 seit so vielen Jahren mit nichts anderem als besserer Holzbauqualität beschäftigt, liegt es auf der Hand, die Vorzüge dieser Bauweise mit energetisch optimalen Lösungen zu kombinieren. Das erste Haus mit Plusenergie-Niveau haben wir vor sechseinhalb Jahren gebaut – mein eigenes. Wir können also über mehrere Jahre solide Daten zur tatsächlichen Energiebilanz vorweisen: Dieses Haus erwirtschaftet nach Abzug des Haushaltsstroms kontinuierlich einen Energieüberschuss von gut 30 Prozent! Und es bewahrheitet sich wieder einmal: Nichts überzeugt Bauherren so sehr wie das eigene Beispiel. Seit zwei Jahren sind die Hälfte der Häuser, die wir bauen, Plusenergiehäuser.
„Passivhaus“ ist als Inbegriff vermeintlich bester Energiesparqualität in vielen Köpfen. Suchen Passivhaus-Anfrager in Wahrheit ein Plusenergiehaus – wissen nur nicht, dass es die gibt?
Marcus Hellwig: Das ist so. Viele wissen nicht, dass der Zusatzaufwand, ein richtig gutes Holzhaus auf Passivhaus-Level „raufzudämmen“, in ein Plusenergiehaus eindeutig klüger investiert ist. Das Konzept, mit dem eigenen Haus übers Jahr mehr Energie zu produzieren, als seine Bewohner verbrauchen, ist nun mal das derzeit unschlagbar beste am Markt.
Markus Becker: Dem Holzhaus wird mitunter nachgesagt, wenig Speichermasse zu haben. Aber thermische Speicherkapazität und Gewicht sind zwei Paar Stiefel. Holz hat pro Tonne Gewicht eine fünffach höhere Wärmespeicherkapazität als Beton zum Beispiel. Eine zehn Zentimeter dicke Betonwand speichert also genauso viel Wärme wie eine zehn Zentimeter dicke Holzwand. Da in unseren Häusern sehr viel Holz steckt – immerhin zwischen 40 und 60 Kubikmeter –, haben sie auch eine hohe Wärmespeicherkapazität.
Beschreiben Sie doch bitte Ihre Bauherren.
Markus Becker: Wir haben zwei Kundengruppen. Da ist einmal das Paar zwischen 40 und 60, das zum zweiten Mal baut. Die andere Gruppe sind junge Familien, die ihr erstes Haus bauen, aber über entsprechendes Einkommen verfügen, möglicherweise geerbt haben. In Medebach und Umgebung gibt es Bauland relativ günstig. Die Arbeitslosenquote ist gering. Wir bauen etwa die Hälfte unserer Häuser in der Region, Tendenz steigend.
Marcus Hellwig: Ökologie ist bei unseren Kunden ein Kriterium von mehreren. Davor rangieren das angenehme Wohngefühl und das energiebewusste, zukunftssichere Bauen. Unsere Kundschaft will langfristig sicher sein, dass ihr Haus ihnen nicht die Haare vom Kopf frisst. Wobei SIE häufig sagt: „Es soll wohngesund sein.“ Und ER: „Es soll das technisch beste sein.“
Da haben Sie ja Glück, wenn Sie an Paare verkaufen. Wer entscheidet?
Marcus Hellwig: Meist die Frauen. Das Thema Plusenergiehaus spielt auch als Statement eines neuen Werteverständnisses eine immer größere Rolle. Mit „ökologischem Hedonismus” ist das ganz gut beschrieben.
Markus Becker: Wer es sich leisten kann, fühlt sich verpflichtet, sein neues Haus auch als Teil seiner sozialen Verantwortung zu realisieren. Ein Hedonist denkt an sich, klar, hat aber auch das Bewusstsein: Wenn schon, dann baue ich richtig. Wenn wir ein Kundenhaus entwerfen, sind unsere Überlegungen natürlich nicht nur aufs Energiesparen gerichtet. Die Prioritäten des Kunden sind unsere Maßvorgaben. Wohlfühlen steht im Vordergrund, dann kommt das Energiesparen. Zum Wohlfühlen gehört auch, dass alles ins Budget passt.
Wie hoch ist denn der Durchschnittswert Ihrer Aufträge?
Marcus Hellwig: Das schwankt mit den unterschiedlichen Ausstattungsstufen. Der eine kauft ein Ausbauhaus ohne Technik und Innenausstattung, der andere lieber schlüsselfertig.
Dann der Schlüsselfertig-Preis.
Marcus Hellwig: Ab 250.000 Euro. Wenn‘s ein Plusenergiehaus werden soll: ab 300.000 Euro, Bodenplatte inklusive. Der Keller nimmt tendenziell ab. Die meisten bevorzugen einen Kellerersatzraum, das ist kosteneffizienter.
Markus Becker: Dass wir uns im eher gehobenen Segment bewegen, ist klar. Wir sagen ja auch nicht: Wir können alles für jeden zu jedem Preis bauen. Wir bemühen uns, wie gesagt, jedem Bauinteressenten eine Lösung zu präsentieren, die nicht zum Abenteuer für ihn wird, planen also im Rahmen seiner Möglichkeiten. Manchem müssen wir allerdings auch sagen, dass wir seine Vorstellungen mit seinem Budget nicht umsetzen können.
Wir hören von anderen, dass einfach losgeplant und ausgeschrieben wird. Bis man feststellt: Das Haus ist viel zu ambitioniert, die Baufamilie kann es sich gar nicht leisten. Dann fängt der Murks an mit Abstrichen bei der Bauqualität und Ausstattung. Wir versuchen lieber, von Anfang an mit dem Bauherrn ein realistisches Budget festzulegen. Danach richten wir den Entwurf aus.
Viele bauen nach dem Motto „Preise drücken – Handwerker quälen“. Wollen Ihre Bauherren gute Handwerker auch gut bezahlt sehen?
Markus Becker: Unbedingt. Unsere Kunden sind wertebewusst, in diesem Punkt geradezu konservativ modern. Die sind nicht nur auf den eigenen Vorteil aus. Sie möchten ihre Umgebung in Ordnung wissen: Wenn schon die Welt derzeit irgendwie verbogen ist, sollte wenigstens mein unmittelbares Umfeld stimmen, es soll nach innen wie nach außen Gutes ausstrahlen. Wir überreichen unseren Bauherren zum Richtfest eine Urkunde der CO2-Bank für ihren Beitrag zum Klimaschutz. Dort ist dokumentiert, wie viel CO2 der Atmosphäre durch den Einsatz von Holz mit diesem neuen Haus dauerhaft entzogen wird. Bundesweit kann man sich bei der CO2-Bank als Architekt oder Baufirma mit seinen Projekten anmelden. Die werden dort erfasst.
Einmal im Jahr wird der Politik gemeldet, was der Holzbau an CO2-Ersparnis und damit für den Klimaschutz erreicht hat. Es ist unseren Kunden sehr wichtig, dass im Bauprozess alles rund läuft. Sie möchten erleben, dass die Beteiligten auch Spaß an ihrer Arbeit haben. Sie wollen gestandene Handwerker auf ihrer Baustelle sehen, die von sich aus ein hohes Qualitätsbewusstsein mitbringen. Selbst dann, wenn der Bauleiter ihnen mal nicht auf die Finger sieht.
Rechnet sich denn solch ein Ethos heute noch?
Markus Becker: Wirtschaftlichkeit ist ein wichtiges Kriterium. Ist es aber das einzige, wird es schnell problematisch. Auch wir könnten, wie viele andere, bei jedem Projekt die Kosten „optimieren“, indem wir für jedes Gewerk den billigsten Subunternehmer suchen. Damit würden wir aber an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen. Qualität muss beim Bauen Vorrang haben. Die Kosten im Blick behalten ja, aber niemals zulasten unserer Kunden.
Wie sichtbar ist das Holz in einem Becker360-Haus?
Marcus Hellwig: Innen meist an der Decke. Da wir mit Holzelementen in Sichtqualität arbeiten, wird dieses Angebot gern angenommen. Das Holz muss dabei nicht dominieren. Häufig wird es nochmals gewachst, sodass es sich optisch zurücknimmt und kombinierbar wird mit anderen Holzarten. Aber ein gewisser Anteil an Sichtholz gefällt fast immer. Ich zeige Kunden gern in meinem Haus, wie gut das aussehen kann, und es ist jedes Mal ein Aha-Effekt.
Der gern übernommen wird?
Marcus Hellwig: Keiner baut das Haus, das er bei uns besichtigt hat. Wir haben noch nie ein Haus zweimal gebaut. Der Kunde sieht zwar Entwurfsideen und Details, bekommt einen anschaulichen Eindruck, wie zum Beispiel eine Galerie wirken kann. Aber das sind natürlich immer nur Bruchteile dessen, was wir für ihn neu zusammenfügen.
Wie finden Sie heraus, was die Bauherrschaft will? Ist sie tatsächlich so designorientiert, wie sie sich oft gibt?
Marcus Hellwig: Die meisten haben einzelne Bilder im Kopf und wissen, was ihnen gefällt. Dieses Puzzle zu einem für die Familie stimmigen, harmonischen Ganzen neu zusammenzufügen, ist die eigentliche Entwurfsleistung. Das erste Gespräch findet immer auf dem Baugrundstück statt, ein Dialog von drei bis vier Stunden. Wir lassen die Kunden erzählen und fragen, fragen, fragen. Dabei konkretisieren sich ihre Vorstellungen immer mehr.
Markus Becker: Mir scheint die Fragestellung mit der Konzentration auf Design ein bisschen in die falsche Richtung zu gehen. Wenn sich jemand ein Haus baut, will er es doch vor allem auch behaglich und warm haben. Das funktioniert immer, wenn er sich für eine klare Architektursprache entscheidet, dann aber warme Materialien einsetzt. So entsteht ein Mix mit der beabsichtigten Wirkung: Die klare Form beruhigt das Auge, warme Materialien sorgen für Behaglichkeit. Nur auf moderne Architektur zu setzen, wäre falsch. Es sind, wie gesagt, auch warme Materialien nötig, die für die entprechende Atmosphäre sorgen. Für ebenso wichtig halten wir große Glasflächen. Sonne und Wärme müssen herein! Sonne, die mir den Rücken wärmt, die mich anstrahlt.
Marcus Hellwig: Bei den Glasflächen geht es nicht nur um die passiven Wärmegewinne, sondern in erster Linie ums Licht, das ins Haus kommt, und um den schönen Blick nach draußen.
Brauchen große Räume nicht auch mehr Höhe, um angenehm ins Auge zu fallen?
Marcus Hellwig: Mit den bis zu drei Meter hohen Wandelementen, die wir transportieren können, erreichen wir Raumhöhen von 2,80 Meter. Häufig sind es 2,70 Meter. Der branchenübliche Standard liegt bei 2,50 Meter. Klar: Je größer der Raum, desto höher sollte die Decke sein. Es sei denn, es gibt eine offene Galerie, die Erd- und Obergeschoss verbindet und entsprechende Luftigkeit schafft. Dann darf es an anderer Stelle ruhig etwas intimer sein. Wichtig ist: Die Proportionen müssen stimmen …