Wiedergeburt: Umzug einer Fachwerkscheune

Ein anderes Wort für Haus lautet Immobilie, also Unbewegliches. Folgt man dem ursprünglichen Wortsinn, dann dürfen sich Architekt Vitus Harder und seine Frau eigentlich nicht als Immobilienbesitzer bezeichnen, denn ihr historisches Fachwerkhaus stand rund 140 Jahre an einem anderen Ort, bevor es das Paar aus der Nähe von Hamburg an seinen jetzigen Standort verpflanzte. Auf ein über 2.000 Quadratmeter großes Waldgrundstück, eingerahmt von einem typisch norddeutschen ländlichen Garten.

Wer die bewegte Geschichte der ehemaligen Scheune nicht kennt, könnte meinen, das sei ihr angestammter Platz – so harmonisch wirken Haus, Umgebung und Garten. Dieses idyllische Ensemble ist einerseits der ausdauernden Suche der Harders nach einem zum Haus passenden Grundstück zu danken, andererseits dem einfühlsamen Zusammenspiel der Bauherren mit Gartenarchitektin Claudia Schaaf.

Erst Archivar, dann Bauher

Bevor an die Anlage eines Gartens überhaupt gedacht werden konnte, war ein weiter Weg zurückzulegen, an dessen Anfang ein schnöder Telefonanruf stand. Ein Auftraggeber, für den Architekt Harder kurz zuvor eine alte Scheune aufgemessen hatte, fragte an, ob er Verwendung für das Bauwerk habe, es müsse einer Neubausiedlung weichen. Allerdings sei Eile geboten, die Bagger stünden schon bereit. Vitus Harder eilte zur Baustelle. Der gute Erhaltungszustand der rund 140 Jahre alten eichenen Fachwerkbalken war dem gelernten Zimmermann bereits bei seinem ersten Besuch aufgefallen, und so organisierte er den strukturierten Rückbau der Konstruktion. In einem Plan verzeichnet und fein säuberlich durchnummeriert, landeten die Balken zunächst im Lager einer Zimmerei. Aber was mit dem Hauspuzzle anfangen?

Alte Bausubstanz hat es Architekt Harder beruflich schon immer angetan, seine Frau teilt diese Affinität. Was sprach dagegen, selbst zum Bauherren zu werden, die Scheune als kombiniertes Wohn- und Bürohaus zu nutzen? Nichts. Musste nur noch ein Grundstück gefunden werden, das sowohl zum Haus als auch zur Lebens- und Arbeitssituation der beiden passte. Am Rande der Lüneburger Heide, eine halbe Autostunde südlich von Hamburg, wurden sie nach einem Jahr schließlich fündig. Hier, umgeben von alten Kiefern, wurde die historische Fachwerkkonstruktion auf dem 2.250-Quadratmeter-Areal wieder aufgerichtet.

„Die größte bauliche Herausforderung bestand darin, dass der Maurer auf der Baustelle mit Ziegeln, Mörtel und Beton einen Rohbau errichtete, während zeitgleich der Zimmermann in der Werkstatt das Fachwerk, das sich über die Jahrzehnte verformt hatte, zentimetergenau wieder zusammenfügen musste“, beschreibt Vitus Harder die außergewöhnlichen Bauarbeiten. „Man kann sich unsere Erleichterung vorstellen, als beim Zusammenführen tatsächlich alles genau passte.” Neben 225 Quadratmeter Wohnfläche entstanden außerdem 75 Quadratmeter Büro.

Aus dem Boden gewachsen

Zum Schönheitsempfinden von Architekt Harder gehört auch, dass Haus und Garten ein harmonisches Ganzes ergeben müssen, „wie ein Bild, das erst im richtigen Rahmen seine volle Wirkung entfaltet“. Seine Einstellung teilt Gartenarchitektin Claudia Schaaf, die mit dem elterlichen Betrieb Ingo Beran Mitglied der Gärtner von Eden ist. Dieser genossenschaftliche Zusammenschluss von rund 60 engagierten Gartengestaltern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat sich auf die Gestaltung anspruchsvoller Privatgärten spezialisiert.

Vitus Harder holte die Gartenarchitektin bereits in einem sehr frühen Projektstadium mit ins Boot, um sämtliche baulichen Entscheidungen, wie etwa die Lage des Hauses auf dem Grundstück, auch mit Blick auf die spätere Gartengestaltung treffen zu können. Einige Kiefern mussten für den Hausbau weichen, doch Claudia Schaaf sorgte dafür, möglichst viele Pflanzen aus dem Bestand zu erhalten, etwa Rotbuchen und weitere alte
Kiefern.

Das Bauherrenehepaar entschloss sich dazu, das Haus in der Mitte des Grundstücks zu platzieren, sodass nach allen Seiten reichlich Abstand zu den Nachbarn blieb. Claudia Schaaf legte darum in konzentrischen Kreisen den Garten an. „Unser Ehrgeiz war, das Gebäude so in die neue, eigentlich fremde Umgebung einzubetten, dass es dort sicher, geborgen und einfach selbstverständlich wirkt.“ Konsequent griff sie folglich auf historische Baustoffe zurück, verwendete altes Kopfsteinpflaster, alte Bordsteinkanten und für die Gartenmauer die Steine des ursprünglichen Granitfundamentes der Scheune.

Auch bei der Pflanzenauswahl setzte die Planerin auf Regionaltypisches: Hainbuchen, Buchs, Rosen, Hortensien prägen – ganz in der Tradition des norddeutschen Bauerngartens – das Bild. Blühfreudige Stauden wie Mohn, Fetthenne oder Sonnenbraut sorgen zudem dafür, dass der Garten zu jeder Jahreszeit ein abwechslungsreiches Bild bietet.

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