Yes, she can

Die von den Energiepreisen angeheizte Unruhe schärft das Kostenbewusstsein, aber nicht automatisch den Blick. Oft wird unterschätzt, dass zu einem lebenswerten Haus mehr gehört als dichte Fenster, intakte Heizung und gut gedämmte Wände. Das Holzhausunternehmen Baufritz spielt zwar selbst in der Champions League der Energiesparhäuser. Doch es ist auch ein Pionier, der mit langem Atem den großen Wurf sucht.

Geschäftsführerin Dagmar Fritz (37), verheiratet, Mutter des 2-jährigen Ferdinand, Mitinhaberin des klassisch mittelständischen Familienbetriebs in vierter Generation und gerade zur „Unternehmerin des Jahres 2008“ gekürt, verkörpert den Drang nach bestmöglichen, schönen und dauerhaften Lösungen wie nur wenige. Das ist Wertbewusstsein und Siegermentalität. Bauinteressenten, die zum Firmensitz nach Erkheim kommen, denken ähnlich wie die Hausdesigner. Frau Fritz: „Es sind erfolgreiche Menschen – Unternehmer, Anwälte und Mediziner, Lehrer in höherer Position, Wissenschaftler, Künstler. Sie haben sich ihren Erfolg hart erarbeitet. Es sind Leute, die mit ihrer Haussuche auf Sinnsuche sind: nach einem Heim, das ihren Wunsch nach Sicherheit, Wert und Zukunft erfüllt.“

Die gebürtige Memmingerin, Innenarchitektin und Wirtschaftsingenieurin, deren Firma 2008 auch als Deutschlands familienfreundlichstes Unternehmen ausgezeichnet wurde, umreißt damit im Kern ihr Credo: Häuser, die ästhetisch anspruchsvoll und technisch ausgereift, energetisch erste Wahl und baubiologisch Spitze, die nach sehr persönlichen Wünschen gefertigt und wohngesundheitlich Maßstab gebend sind.
Dabei ziehen die Erkheimer mit aufsehenerregender Bescheidenheit ihre Bahnen der Nachhaltigkeit und Schönheit. Wissend und praktizierend, dass Nachhaltigkeit, insbesondere im privaten Hausbau, wo Leben und Familie, Freizeit und Genuss stattfinden, ein lustvolles und genießerisches Element haben muss: Wer will von einem hässlichen Gebäude noch wissen, dass es nachhaltig ist?
Baufritz gilt als baubiologische Edelmarke: Machen Sie zu wenig Aufhebens davon?
Dagmar Fritz: Das Gütesiegel „Made in Germany“ ist historisch nicht durch laute Sprüche, sondern starke Leistungen groß geworden. Diese Haltung, für die nicht nur wir neue Wertschätzung für deutsche Wertarbeit – etwa in Großbritannien, Irland oder Italien – erleben, hat mir stets mehr zugesagt. Wir wollen unseren Bauherren auch noch nach Jahrzehnten in die Augen schauen können. Und: Wir versprechen nur, was wir halten können.
Mich hat beispielsweise wenig überrascht zu erfahren, dass Baufritz unter allen deutschen Fertighausbauern mit 80 Prozent den derzeit höchsten Anteil an Häusern mit KfW-60- und KfW-40-Qualität hat. Doch ehrlich gesagt, selbst in solchen guten Nachrichten sehe ich keinen Auftrag, aufgeregt mit den Flügeln zu schlagen. Lieber mit der Arbeit klotzen, als in der Werbung klappern.
Baufritz zählt zu den wenigen Anbietern in der Champions League. Was macht diese Klasse nach Ihrer Meinung eigentlich aus?
Dagmar Fritz: Drei Qualitäten vor allem: Erstens Präzisionsgebäude mit höchster Energieeffizienz. Zweitens Meisterung der Baubiologie: Gebäude, die so gut wie keine Schadstoffe ausatmen und in denen der Mensch gesund leben kann. Drittens Häuser mit Werten für die Zukunft.

Was bedeutet hier für Sie Zukunft?
Dagmar Fritz: Eine Sache mit Zukunft ist für mich eine Sache, die Wert hat und daher moralisch ist. In diesem Sinne besitzt Wirtschaft für mich moralische Pflichten: Jeder sollte nach sozialen Prinzipien leben, und jeder muss an seinem Platz für soziale Verträglichkeit und ökologische Nachhaltigkeit sorgen. Mein Platz ist mein Unternehmen. Die angestrebte Übereinstimmung ist zugleich einer der Gründe, weshalb ich gegen einen neuen Regionalflughafen im Allgäu war und Gen-Mais ablehne. Die Unbekannten bei genmanipulierten Erzeugnissen sind für mich genauso groß wie bei der Endlagerung von Atommüll.
Ehrlichkeit, Vollwert und Haltbarkeit sind für die Unternehmerin, die so agiert, alte Wörter, kein altes Denken. Deshalb ist sich Dagmar Fritz mit ihren Bauherren in der Regel in der Verständigung über Statik, Heizung und Sichtachsen, aber eben auch in einer Weltsicht, nahe. Bauherren beschreiben Baufritz als einen Partner, „der im Leben ähnlich handelt wie wir selbst. Einen Hausbauer, der das, was er macht, wirklich kann und selbst lebt.“ Bekenntnis zu technischer Klasse trifft sich mit Streben nach Vollendung. Yes, she can.

Werte, die ein Unternehmen verkündet, vorzuleben – dafür gibt es bei Baufritz noch andere Beispiele. Sie haben mit der ewigen Wahrheit zu tun, dass der Mensch Gesundheit erst dann wirklich schätzt, wenn sie sich verabschiedet: Dagmar Fritz‘ Vater und Geschäftsführer-Vorgänger Hubert Fritz begann vor rund 30 Jahren, die Firma ganzheitlich baubiologisch auszurichten. Der Auslöser war schmerzlich: Die Familie wohnte in einem konventionellen Haus, als Dagmar Fritz‘ Mutter Krebs bekam. Als sie und der Vater herausfanden, welche Schadstoffe in einem Haus krank machen, war dies der letzte Anstoß für eine ganz auf wohngesundes Bauen gerichtete Entscheidung bei Baufritz – gleichsam das Vermächtnis der Mutter.
Lag hier die Wurzel für die Baufritz-Vorstellung vom ganzheitlichen Bauen?
Dagmar Fritz: Ja, und zwar zu einer Zeit, als Baubiologie in der Öffentlichkeit ebenso wenig Thema war wie im Hausbau. Die Skandale wegen krank machender Baustoffe, Farben und Lacke standen noch bevor. Auch sie haben uns darin bestärkt, wie richtig unsere Orientierung auf Nachhaltigkeit war.

Trägt die aktuelle Energiepreispanik dazu bei, alles andere zu vernachlässigen?
Dagmar Fritz: In punkto Energiesparen ist manches erreicht worden – viel bleibt zu tun. Ich behalte meine Abneigung gegen Schnellschüsse. Ein Beispiel: Den Energieverbrauch eines Hauses mit massivster Dämmung drastisch senken zu wollen, ist verlockend. Aber wenn das dazu führt, dass ich Apparaturen installieren muss, um das Haus mit guter Luft zu versorgen? Eine entscheidende Rolle für angenehmes und gesundes Wohnklima spielen die verwendeten Materialien. Leider wird bei vielen Herstellern auf schädliche Ausdünstungen (Emissionen) nicht oder nur teilweise geachtet.

Wächst der Druck auf die Baubranche?
Dagmar Fritz: Es gibt einfach noch zu viele Häuser, die auf Dauer krank machen können. Ich komme gerade von einem Partner in der Schweiz. Minergie und Einhaltung von Qualitätskriterien spielen dort eine besondere Rolle. Der Partner bestätigte mir, wie stark heute der Druck wird, Emissionen als mögliche Krankheitsauslöser zu sehen.

Wie stellt sich Ihnen die aktuelle Lage dar?
Dagmar Fritz: Nur etwa 5 Prozent aller Baustoffe gelten derzeit als emissions- oder schadstoffarm. Das Grundkapital von Baufritz, der Baustoff Holz, gehört dazu.
Das Problem sind die sogenannten Flüchtigen Organischen Verbindungen, VOC (Volatile Organic Compounds) genannt. Das sind kohlenstoffhaltige Stoffe, die leicht verdampfen beziehungsweise schon als Gas bei niedrigen Temperaturen, etwa Zimmertemperatur, vorliegen. VOC-Quellen sind Baustoffe und Möbel, Teppiche und Reinigungsmittel. Wie bei alkoholischen Getränken ist auch hier der Cocktail oft gefährlicher als ein Stoff mit nur einer Zutat.

Emissionsfreiheit ist unmöglich.
Dagmar Fritz: Richtig. Es wird aber Zeit, die Annäherung an Grenzwerte verbindlich zu ziehen und ihre Einhaltung zu kontrollieren. Das findet entgegen vieler Versprechen oft nicht statt. Die Hauptverantwortung liegt eher bei Unternehmen und Sachverständigen. Das Versprechen eines KfW-60- oder KfW-40-Hauses ist schnell in einen Vertrag geschrieben. Aber die qualitätsgerechte Ausführung überprüft meist keiner. Ich kann nur wiederholen: Wir sollten uns nicht erst um unsere Gesundheit kümmern, wenn wir krank sind.
Gespräch: Peter Neumann/Reiner Oschmann

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