Mehrere Jahrzehnte abzahlen. Ob das gut geht? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich für den Fall der Zahlungsunfähigkeit abzusichern. Doch nicht jede angebotene Versicherung ist sinnvoll..
Das Horrorszenario: Nach langer Planungs- und Bauphase ist die Familie endlich in ihr neues Haus eingezogen. Jetzt kann das Leben im gemeinsamen Heim beginnen – dank des guten Einkommens sind die Raten kein Problem. Doch plötzlich stirbt einer der Verdiener und ein Gehalt fällt weg. Die persönliche Tragödie ist auch eine finanzielle: Bei allem ausgedrückten Beileid pocht die Bank dennoch auf die monatliche Rückzahlung, und die Hinterbliebenen stehen vor finanziellen Schwierigkeiten; die Zwangsversteigerung droht.
Hohe Restschuld noch nach Jahren
Wie erdrückend die finanziellen Konsequenzen nach vielen Jahren noch sein können, zeigt ein einfaches Rechenbeispiel. Auch wenn Sie bei Ihren Kreditkonditionen auf schnelle Tilgung setzen, bleibt die Restschuld lange sehr hoch – erst zum Ende der Laufzeit wird mit jeder Rate kräftig getilgt und der Zinsanteil verschwindend gering: Bei einem Darlehensbetrag von 150.000 Euro, dem niedrigen Sollzinssatz von 2,08 Prozent und dem hohen Tilgungssatz von 5 Prozent ist das Darlehen zwar nach knapp 17 Jahren abbezahlt. Nach zehn Jahren beträgt die Restschuld allerdings immer noch fast 67.000 Euro. Und die monatliche Rate ist mit 885 Euro bei Wegfall des Hauptverdieners nur schwer zu stemmen.
Um sich gegen solche finanziellen Konsequenzen abzusichern, bieten sich zwei Versicherungsvarianten an: Die Restschuldversicherung, als Produkt speziell für diesen Fall geschaffen, und die Risikolebensversicherung. Viele Banken bieten eine Absicherung insbesondere in Form der Restschuldversicherung gleich mit an. So praktisch das auf den ersten Blick scheinen mag, die Versicherung direkt mit abzuschließen – wahrscheinlich ist es anderswo günstiger und sinnvoller.
Teuer: Die Restschuldversicherung
Die Restschuldversicherung ist eine Sonderform der Risikolebensversicherung. Sie ist speziell auf die Abzahlung eines Kredits zugeschnitten. In der Regel übernimmt sie bei Tod, Arbeitsunfähigkeit oder unverschuldeter Arbeitslosigkeit ganz oder teilweise die monatlichen Zahlungsverpflichtungen und existiert in zwei Varianten: Bei linear fallendem Versicherungsschutz verringert sich die im Versicherungsfall ausgezahlte Summe jährlich um denselben Betrag. Dabei kann es im Laufe der Jahre zu großen Diskrepanzen zwischen Versicherungsschutz und zu zahlender Rate kommen, da die Rate in der Regel nicht linear sinkt und die Tilgung des Kredits nicht linear verläuft. In der zweiten Variante wird der Versicherungsschutz regelmäßig dem Tilgungsplan des Darlehens angepasst. Im Versicherungsfall ist so die Restschuld stets zu 100 Prozent gedeckt. Viele Banken bieten die Restschuldversicherung als Zusatzprodukt unverbindlich an. Das erscheint erst einmal praktisch, zumal die hohen finanziellen Verbindlichkeiten im Ernstfall über Jahre hinweg weiterhin bestehen und in den finanziellen Ruin führen können. Die Restschuldversicherung direkt beim Kreditgeber abzuschließen, führt jedoch oft zu höheren und nicht eindeutig erkennbaren Kosten. Bei Abschluss zahlt der Kreditnehmer nämlich die Versicherungsprämie und eine Vermittlungsgebühr auf einen Schlag und erhöht so die Kreditsumme. Dadurch fallen auch für die Versicherung Zinsen an.
Da es sich bei Kredit und Restschuldversicherung um zwei voneinander unabhängige Verträge handelt, müssen die Kosten für die freiwillig abgeschlossene Restschuldversicherung laut Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht (BaFin) nicht in den angegebenen effektiven Jahreszins eingerechnet werden. Das macht es für den Kreditnehmer sehr schwer, die tatsächlichen Kosten zu überblicken. Die BaFin weist außerdem darauf hin, dass Restschuldversicherungen nicht standardisiert seien. Daher solle man sich unbedingt vor Vertragsabschluss über den genauen Versicherungsumfang und die anfallenden Kosten informieren. Laut Dr. Britta Beate Schön vom gemeinnützigen Online-Verbrauchermagazin Finanztip sind Restschuldversicherungen „teuer und oft überflüssig“. Für die Absicherung der Restschuld einer Baufinanzierung rät sie zum Abschluss einer Risikolebensversicherung. Diese lässt sich auch um eine Berufsunfähigkeitsversicherung erweitern. Auch Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten, rät dazu, Risikoschutz und Finanzierung getrennt zu halten.
Die Risikolebensversicherung
Während Sie bei einer Kapitallebensversicherung im Laufe der Zeit eine Summe ansparen, die am Ende ausgeschüttet wird, gewährleistet die Risikolebensversicherung bloß die Zahlung bei Eintritt des Versicherungsfalles. Daher sind die zu zahlenden Beiträge auch verhältnismäßig niedrig. Dennoch variieren sie von Anbieter zu Anbieter sehr stark. Und beim Abschluss einer Risikolebensversicherung ist der Preis tatsächlich ein Argument: „Bei der Auswahl des Vertrags können Kunden getrost auf das günstigste Angebot achten“, hieß es von der Stiftung Warentest im Sommer 2015. Die Unterschiede bei den Bedingungen fielen nicht so schwer ins Gewicht wie die Preisunterschiede. Die Versicherungssumme sollten Sie bei Abschluss nicht zu niedrig ansetzen. Ratsam ist es, anhand einer Haushaltsaufstellung exakt zu prüfen, wie hoch die monatliche Versorgungslücke beim Wegfall des Gehaltes der zu versichernden Person tatsächlich ist. Zu dieser Kalkulation gehört neben der Aufstellung der monatlichen Ausgaben inklusive Kreditrate auch die Frage nach zusätzlichen Einnahmen, etwa durch Hinterbliebenenrenten, und die Frage nach dem Wegfall alltäglicher Ausgaben.
Die Stiftung Warentest hat 40 Versicherungen untersucht, indem Sie Angebote für verschiedene Modellkunden einholte. Da eine Lebensversicherung jedoch durch die Gesundheitsprüfung individuell zugeschnitten wird und es eine Reihe von Risikozuschlägen gibt, lassen sich kaum allgemeine Aussagen darüber treffen, welcher Anbieter den günstigsten Tarif im Programm hat. „Auf der Suche nach optimalem Versicherungsschutz hilft Ihnen am besten unabhängige Beratung“, so Axel Kleinlein, „diese bieten wir Mitgliedern an. Doch auch die Verbraucherzentralen beraten unabhängig und fair, ebenso wie der Bundesverband unabhängiger Versicherungsberater, auf dessen Website man unkompliziert nach Beratern in der Nähe suchen kann.
Lesen Sie den ausführlichen Bericht ab Seite 130 in der Ausgabe Januar/Februar 2016 mein schönes zuhause°°°